Taijiquan wird vor allem mit drei Aspekten assoziiert: Gesundheitspflege, Meditation und Kampfkunst. Allerdings stehen heutzutage nicht nur in China sondern auch bei uns der erste und der zweite Aspekt im Vordergrund des Interesses. Doch damit droht das Taijiquan seiner Wurzeln beraubt zu werden.

Gesundheitsmethode, Meditation in Bewegung und Kampfkunst – Taijiquan ist ursprünglich all dies zusammen und zwar untrennbar miteinander verbunden als ein ganzheitliches System. Häufig wird aber Taijiquan – insbesondere der Yang-Stil – als eine teilweise mit esoterischem Brimborium versehene Gymnastik unterrichtet, die allein auf langsamen Bewegungen und niedriger Intensität beruht.

Ich habe Taijiquan, genauer gesagt den Yang-Stil des Taijiquan in der Linie von Wang Yongquan (1904-1987), während meiner Aufenthalte in China 1989-1992 und 2004-2006 in einer anderen Systematik kennen gelernt. Taijiquan ist als Kampfkunst konzipiert, deren grundlegende Kraft, auch als „innere Kraft“ bezeichnet, aus einer speziellen Bewegungsweise erzeugt wird. Diese unterscheidet sich sehr stark von der der gewöhnlichen Bewegungsweise im Alltag oder im Sport und muss von Grund auf neu gelernt werden. Dazu bedarf es gewissermaßen eines Prozesses physiologischer und koordinativer Umgestaltung. Als Einstieg hierzu dient ein intensives Grundlagentraining, unterstützt durch stehende Meditation. Die langsamen Bewegungsabfolgen der Form und die Partnerübungen stellen dann eine weitere Stufe in diesem Prozess dar. In ihrer Gesamtheit haben die verschiedenen Übungen wiederum positive Auswirkungen auf Vitalität und Gesundheit. All dies ist unauflösbar miteinander verwoben und bildet eine organische Einheit.

Dieses System möchte ich auf dieser Website skizzieren. Es wird hier keine Werbung für Unterricht betrieben, sondern ich stelle lediglich meine ganz persönlichen Ansichten, Erfahrungen und Eindrücke dar. Dementsprechend ist die ganze Website sehr schlicht gehalten, denn die Inhalte sollen möglichst klar strukturiert dargelegt werden. Auch habe ich den ursprünglichen Namen der Website „Integrales Taijiquan“ geändert, um etwaige Verwechselungen mit kommerziellen Anbietern zu vermeiden. Mein Anliegen ist es, einen Grundriss des Systems des Yang-Taijiquan in der Linie von Wang Yongquan aufzuzeigen, so wie ich es erlernt habe. Dazu bewege ich mich im Rahmen der chinesischen Systematik und Begrifflichkeiten - einfach weil es keine vollständigen westlichen Entsprechungen für beides gibt. So weit es notwendig ist, erläutere ich daher auch einige chinesische Begriffe, um zentrale Konzepte und Zusammenhänge besser darstellen zu können.

Die Seite teilt sich in eine Reihe von Themenkreisen auf. Mein Taijiquan stellt zunächst einen kurzen Abriss meines Weges durch die Kampfkünste bis nach China dar. Außerdem gehe ich auf den grundlegenden Charakter und den Lernprozess dieser Variante des Yang-Taijiquan ein. Im Mittelpunkt der Konzepte steht die Einheit zwischen Gesundheitsmethode und Kampfkunst sowie die Skizzierung der strategischen und taktischen Grundgedanken. Auf die drei Aspekte, nämlich meditativen, gesundheitlichen und fundamentalen im Sinn von Energiearbeit, Vitalität und Kampfkunst, gehe ich dann getrennt ein, um die jeweilige Bedeutung und Position in dem System klarer darstellen zu können. Schließlich möchte ich noch einen kurzen Überblick über die Evolution des Yang-Taijiquan geben. Hierbei setze ich mich kritisch mit der gängigen Überlieferung der Entstehungsgeschichte bzw. -legende  und den jüngsten Entwicklungstendenzen auseinander.

Ich hoffe, dass diese Website den Praktikern und an Taijiquan Interessierten einige Anregungen liefern kann. Feedback ist mir dabei sehr wichtig und willkommen.

Ich wünsche viel Spaß und Anregung auf den folgenden Seiten!

Stefan Gätzner
 


©2002-2010 Stefan Gätzner


Taijiquan
wörtlich: die Faust des großen ultimativen Prinzips.
Die ersten beiden Zeichen Taiji - das große ultimative Prinzip - beziehen sich auf die Funktion des komplementären Paars von Yin und Yang: die gegenseitige Bedingung, Schaffung und Bewegung komplementärer Elemente wie Helles und Dunkles, Nacht und Tag, Hartes und Weiches.
Das dritte Zeichen quan - Faust - steht im Chinesischen stellvertretend für Kampfkunst.